Delegationsreise der Jusos in den Nahen Osten

Anfang April nahmen Jusos aus dem Bezirk Braunschweig zusammen mit Jusos aus den Landesverbänden Bremen und NRW an einer Bildungsreise in den Nahen Osten teil. Ziel der Reise war es, neue Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt zu gewinnen. Durch Reisen durch Israel, in die besetzten Gebiete sowie durch Gespräche mit Politikern vor Ort wurde den TeilnehmerInnen ermöglicht, mehr über den Nahostkonflikt und über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse vor Ort zu erfahren.

Gespräche in Tel Aviv
Gefördert durch den KJP des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
…und in der Westbank

Zu Beginn der Fahrt ging es nach Hebron. „Man hört öfter den Namen dieser Stadt in den Nachrichten. Das führt dazu, dass man Hebron meistens mit Gewalt und Aufständen verbindet.“ erklärt Peter Senftleben, stellvertretender Vorsitzender der Jusos Braunschweig. Weiter sagt Senftleben: „Jedoch ist Hebron eine sehr schöne und historische Stadt mit netten und sehr gastfreundlichen Menschen. Auf dem ersten Blick erscheint es wie eine normale Stadt. Wenn man sich jedoch der Innenstadt nähert, erkennt man, was Hebron zu etwas Besonderem macht und worin das Konfliktpotenzial liegt. Etwa 800 jüdische Siedler werden zum Schutz vom israelischen Militär bewacht. Dazu ist ein Teil der Innenstadt Hebrons abgeriegelt. Es gleicht einer Geisterstadt.“ Dazu ergänzt der Juso-Bezirksvorsitzende Stefan Hillger: „Es ist schon erschreckend durch einen Teil der Stadt zu laufen, der wie ausgestorben ist. Die Checkpoints mitten in der Stadt müssen eine Demütigung für die arabischen BewohnerInnen der Stadt sein. Ebenso muss man sich fragen, ob es nötig ist, in dieser Geisterstadt alle zwei Meter in besetztem Gebiet eine israelische Flagge zu hissen“.

Am selben Tag wurde noch die Mauer in Bethlehem besichtigt, die Israel 2008 errichtet hat. Die Mauer grenzt Israel von den besetzten Gebieten ab. Dazu sagt Stefan Hillger: „Hier wird einem erst bewusst, wie die Menschen hier leben müssen. So etwas kann man nicht durch Fernsehbilder begreifen. Die Menschen hier versuchen ihren Alltag zu meistern und das trotz all der Schwierigkeiten. Trotzdem haben sie noch Lebensmut und fallen uns nur durch Gastfreundlichkeit auf. Davor habe ich Respekt.“ Peter Senftleben ergänzt: „Erschreckend war für mich jedoch auch der einseitige Nationalismus. Teilweise wurde Israels Staatsgründung auf großen Wandbildern mit Deutschland 1933 verglichen oder man sah ein „Palästina“ mit einer Staatsgrenze bis zum Mittelmeer. Das bedeutet nichts anderes als ein Auslöschen Israels.“ Zu Fuß ging es dann wieder zurück in israelisches Gebiet. Direkt vor Ort konnte man sich einen Eindruck der restriktiven Grenzkontrollen machen.

Weitere Ausflüge im Westjordanland gingen nach Ramallah und Nablus. In Ramallah bekam die Braunschweiger Delegation die Möglichkeit mit der Fatah zu sprechen, das Arafat-Mausoleum zu besichtigen und die aufblühende Innenstadt anzuschauen. Stefan Hillger sagt dazu:“ Ramallah steht im Kontrast zu Hebron. Während Hebron vernachlässigt wird und die Menschen größtenteils in Armut leben, wirkt Ramallah im Zentrum wie eine moderne europäische Stadt mit Boutiquen, Fast Food-Geschäften und modisch gekleideten PassantInnen.“

Ergänzend zu den Ausflügen wurde auch genügend Raum geboten, sich Jerusalem anzuschauen. Senftleben und Hillger sind sich einig, dass dies eine faszinierende Stadt ist, die es weltweit so wohl nur einmal gibt. Der Delegation wurde die Möglichkeit geboten, sich unter anderem die Klagemauer, die historische Altstadt und die Grabeskirche anzuschauen. Dazu gab es im Willy Brandt-Zentrum einige Treffen mit VertreterInnen linker israelischer Parteien.

Der zweite Teil der Woche bestand aus Ausflügen zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und nach Tel Aviv. Der Aufenthalt in Yad Vashem ließ die Gruppe innehalten. Die ReiseteilnehmerInnen bekamen die Möglichkeit für sich allein oder in Kleingruppen durch die Gedenkstätte und das Museum zu gehen. Danach gab es die Möglichkeit sich über die Empfindungen auszutauschen. Peter Senftleben sagt dazu:“ Es ist immer wieder erschreckend was Antisemitismus für eine Eigendynamik entwickeln kann. Solange es Antisemitismus gibt, ist die Existenz Israels unverzichtbar. Das wird einem bei Anblick der Vergangenheit, auch mit Bezug zur Gegenwart immer wieder deutlich.“

Am Tag darauf fuhr die Gruppe nach Tel Aviv. Dort erwartete sie eine andere Welt. In kaum einer anderen Stadt ist der Nahostkonflikt soweit entfernt. In Israel spricht man darum auch von der „Blase von Tel Aviv“. Fern von den Auseinandersetzungen leben dort viele junge Menschen, die bekannt für ihre Partys sind. Neben Gesprächen mit Vertretern der Partei Meretz, Labour Youth und der Friedrich Ebert Stiftung/Tel Aviv gab es auch Möglichkeit zu einer kleinen Stippvisite an den Strand. Abends wurde noch mit GenossInnen von Meretz Youth in einer Bar gefeiert.

Nach einer Woche ging es nach einer sehr erlebnisreichen Woche wieder in die Heimat zurück. Stefan Hillger sagt resümierend:“ Natürlich wissen viele etwas über den Nahostkonflikt. Aber wenn man vor Ort die Geschehnisse erlebt, eröffnet sich ein neues Bild und man kriegt erst mit, wie viel man zuhause in Deutschland nicht mitbekommt.“ Peter Senftleben ergänzt: “Ich befürchte, dass es erstmal auf lange Zeit keine Lösung in diesem Konflikt geben wird. Beide Seiten sind verhärtet. Nationalismus, Intoleranz und religiöser Fundamentalismus sind Hemmnisse für einen nachhaltigen Frieden.“ Alle TeilnehmerInnen waren dankbar dass ihnen diese Fahrt, gefördert mit Bundesmitteln, ermöglicht wurde.